Claudio Mazzucco ǀ Hoffnung

„Die Art von Hoffnung, über die ich oft nachdenke, verstehe ich vor allem als einen Zustand des Geistes, nicht als einen Zustand der Welt. Entweder haben wir Hoffnung in uns oder nicht; sie ist eine Orientierung des Geistes, eine Orientierung des Herzens. Sie geht über die unmittelbar erfahrene Welt hinaus und ist irgendwo jenseits ihres Horizonts verankert […] Hoffnung in diesem tiefen und kraftvollen Sinn ist nicht dasselbe wie die Freude darüber, dass die Dinge gut laufen… Sie ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgehen wird, sondern die Gewissheit, dass etwas einen Sinn hat, unabhängig davon, wie es ausgeht.“

Vaclav Havel ǀ Die Störung des Friedens

Ich beginne diese Botschaft mit den erhellenden Worten des ehemaligen Präsidenten der Tschechischen Republik, weil wir bei öffentlichen Konferenzen oft nach unserer Haltung zum Zustand der Welt gefragt werden. Die Wahrnehmung der allmählichen Dekadenz der Organisationen, die der Menschheit jahrzehntelang ihre langfristige Sicherheit gegeben haben, die Probleme der Umweltverschmutzung, der Energie, der globalen Erwärmung, des Krieges und der neuen Krankheiten haben die Wahrnehmung verbreitet, dass wir, die Menschheit, uns in eine Sackgasse begeben. Vor diesem Hintergrund ist der Rückgriff auf die Hoffnung nicht mehr ein Zeichen von innerem Bewusstsein, sondern von Naivität und Un-Informiertheit. Versuchen wir, die Situation von einem rosenkreuzerischen Standpunkt aus zu verstehen. Ändern wir für einen Augenblick die Perspektive und betrachten wir die Welt aus einem anderen Blickwinkel, indem wir die Spuren, die der Mensch im Lauf der Jahrtausende hinterlassen hat, leidenschaftslos betrachten…

Wenn sich auf der einen Seite eine pessimistische Sicht der Zukunft abzeichnet, so zeigt sich auf der anderen Seite, auf subtilere, aber nicht weniger wirkungsvolle Weise, auch eine eher „integrative“ Vision. Was meine ich mit „integrativer Vision“? Dass das Bewusstsein für die Verflechtung aller Systeme im Universum ständig zunimmt. Mit dem Aufkommen des Humanismus hatte sich bereits eine lebendigere, organischere Sichtweise der Welt entwickelt. Der Mensch des 14. Jahrhunderts sah das Universum als ein Netzwerk von miteinander verbundenen Ereignissen, bei dem jeder Teil eine lebendige Qualität hat. In diesem Universum zogen sich die verschiedenen Teile, aus denen die Welt besteht, in einem harmonischen Spiel gegenseitig an oder stießen sich ab, wobei jedes Lebewesen den ihm zugewiesenen Platz hatte. In dieser etwas animistischen Sichtweise hat sich kein Teil wirklich vom Ganzen unterschieden, und alle Teile arbeiteten harmonisch zusammen. Zusammen mit der Hermetik und der Kabbala brachte diese Weltanschauung die Magie der Renaissance hervor, die mit Hilfe verschiedener Formeln auf die Entfaltung der Wirklichkeit einwirken wollte. Anders als es den Anschein hat, verschwand dieses Konzept nicht mit den Anfängen der Wissenschaft, sondern nahm einfach eine parallele Entwicklung. Es blieb in den Einweihungs-Schulen, in denen Wissenschaftler oft eine Rolle spielten, lebendig und beeinflusste die Entstehung der modernen Wissenschaft, wie wir sie heute kennen. Was heute geschieht, ist eine allmähliche Ausweitung dieses Bewusstseins, dass das Universum, wie der Physiker James Jeans sagte, eher ein großer Gedanke als eine große Maschine ist.

Das Anwachsen von Umwelt-, Tierschutz- und Bürgerrechtsbewegungen, von Bewegungen zum Schutz des Menschen und des Lebens, zur Anerkennung unserer gemeinsamen Zugehörigkeit zum Planeten Erde kann uns eine Vorstellung von dem Prozess vermitteln, der sich derzeit im menschlichen Bewusstsein vollzieht. Die Wissenschaft selbst (insbesondere die Physik, die Biologie und die Psychologie) verstärkt diese „integrative Vision“, in der das Zusammenwirken von allem im Universum und die Teilhabe aller Lebewesen an der einen Realität immer deutlicher werden. Bei AMORC definieren wir den „Kosmos“ als die Ordnung und das System, das das Universum durchdringt und Gottes Intelligenz in Aktion zum Ausdruck bringt.

Für einen Rosenkreuzer führt die Abstimmung auf den Kosmos zur Entwicklung eines klareren Bewusstseins für einen Prozess, der immer jenseits von Raum und Zeit stattfand und stattfinden wird, und der sich dennoch auch hier und jetzt abspielt. In diesem Licht können wir tatsächlich optimistisch in die Zukunft blicken, nicht weil wir an das Eingreifen eines Wesens außerhalb unserer Welt glauben, sondern einfach, weil dieses Wesen in der Welt ist und wir ein Ausdruck davon sind. Wie Havel meisterhaft sagte:

„[Hoffnung] ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgehen wird, sondern die Gewissheit, dass etwas einen Sinn hat, unabhängig davon, wie es ausgeht.“