Der Weg des Herzens

Die Gedanken von Martinès de Pasqually finden außerhalb der Freimaurerei eine Fortsetzung durch Louis Claude de Saint-Martin. Er gibt die Theurgie als äußeren Weg zu Gunsten eines verinnerlichten Weges auf. Nach Jahren der Praxis bezeichnet er die Theurgie als ein gefährliches und unsicheres Mittel, das Göttliche zu finden. Saint-Martin zufolge, muss das Werkzeug und der Schmelztiegel der geistigen Evolution des Menschen das Herz des Menschen sein. Er meint damit, dass man versuchen soll „in das Herz Gottes einzutreten und Gott in sein Herz eintreten zu lassen“. In diesem Sinn nennt man den von Saint-Martin vorgezeichneten Weg „den Weg des Herzens“. Die Entwicklung dieser Einstellung von Saint-Martin beruht teilweise auf seiner Entdeckung des Werkes von Jakob Böhme, das er beharrlich übersetzte, um es in Frankreich zu veröffentlichen. Dieser Weg ist aber auch das logische Resultat eines natürlichen Hanges zur Selbstbeobachtung. Doch hatte der Unterricht von Pasqually einen tiefen Einfluss auf Louis Claude de Saint-Martin, und er bewahrte sein Leben lang Dankbarkeit und Respekt vor Martinès de Pasqually, den er als seinen ersten Lehrer bezeichnete.

Louis Claude de Saint-Martin übermittelte einigen auserlesenen Schülern eine Einweihung, schuf aber keine initiatorische Organisation. Um Saint-Martin konstituierte sich eine formlose Gruppe, auf die gewisse Briefe seiner Freunde 1795 unter der Bezeichnung „Cercle Intime“ anspielen; auch Balzac nimmt in seinem Werk „Die Lilie im Tal“ Bezug auf eine „heilige Gesellschaft“, als deren Seele Saint-Martin genannt wird. Mit der französischen Revolution waren die meisten freimaurerischen Logen eingeschlafen, und die Zeit war für die Gründung einer initiatorischen Gesellschaft sehr ungünstig.

Nach dem Tod von Louis Claude de Saint-Martin im Jahr 1803 setzte sich das Erbe zwar in verschiedenen Zweigen fort, doch folgte mit dem Napoleonischen Zeitalter eine Phase der Passivität. Die überlieferten Lehren und Zeremonien wurden in unterschiedlichen Zirkeln und Gruppierungen bewahrt, martinistische Initiationen wurden in Frankreich, Deutschland und Italien durchgeführt und die martinistische Flamme konnte so am Leben gehalten werden.