Papus und sein Erbe

Am Ende des 19. Jahrhunderts sind zwei bedeutende Persönlichkeiten Inhaber dieser Einweihung, der Arzt Gérard Encausse (Papus) und Augustin Chaboseau. Diese finden heraus, dass sich ihre Initiationsketten über zwei unterschiedliche Linien bis zu Louis Claude de Saint-Martin zurückführen lassen. Sie ergreifen die Initiative und führen die zerstreuten Martinisten mit der Gründung des „Ordre Martiniste“ 1889 wieder in einem Orden zusammen. Das Augenmerk gilt fortan der Organisation und Verfeinerung dieses neuen Ordens. Bereits drei Jahre später erfolgt die Gründung des „Obersten Rates des Martinisten-Ordens“, der unter der Leitung Papus‘ aus 21 Mitgliedern besteht. Schon um die Jahrhundertwende können wieder hunderte aktive Mitglieder des Martinisten-Ordens gezählt werden.

Mit dem 1. Weltkrieg ist dem Wachstum des Martinisten-Ordens zunächst ein Ende gesetzt. Papus lässt als Sanitätsarzt sein Leben und wiederum zerfällt die im Martinisten-Orden geeinte Bewegung in zahlreiche kleinere Gruppierungen. Zwei Hauptrichtungen lassen sich im Erbe Paus‘ erkennen, dem alle modernen martinistischen Gruppierungen ihre Prägung der Lehren und der Rituale verdanken. Ein Strang umfasst den „Martinisten-Orden“ (Ordre Martiniste), die mit diesem verbundene „Gnostisch-Katholische Kirche“ und den „Kabbalistisch-Gnostischen Rosenkreuzer-Orden“ sowie den Memphis-Misraim-Ritus der Freimaurer. Der andere Strang umfasst den „Synarchischen Martinisten-Orden“ unter der Leitung von Victor Blanchard, die „Universale Gnostische Kirche“ und den „Kabbalistischen Rosenkreuzer-Orden“ und andere Vereinigungen wie die „Alchimistische Gesellschaft“ oder die „Polarbruderschaft“. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Ströme der Überlieferung zu jener Zeit nicht die heute übliche Organisationsform kannten und die heutige klare Trennung der Organisationen kaum vorhanden war.