30 Die Ausdehnung der Gewalt scheint uns auch sehr Sorgen erregend. Gewiss hat es sie immer gegeben, doch macht sie sich jetzt immer stärker im individuellen Verhalten bemerk- bar. Schlimmer noch tritt sie bei immer jüngeren Menschen auf. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts tötet ein Kind ein ande- res, anscheinend ohne seelische Regung. Dieser Gewalttätig- keit steht eine fiktive Gewalt gegenüber, welche ohne Unter- lass über die Leinwände der Kinos und Bildschirme von Fern- sehern flimmert. Die eine inspiriert die andere, und die andere gibt der einen Nahrung, was zu einem Teufelskreis führt, dem es endlich einmal Einhalt zu gebieten gilt. Es ist nicht abzu- streiten, dass Gewalt verschiedene Ursachen haben kann (so- ziale Armut, Zerfall der Familie, Rachegelüste, Herrschafts- anspruch, ungerechte Behandlung). Der erste Beweggrund zur Auslösung von Gewaltanwendung ist aber nichts anderes als Gewalttätigkeit um der Gewalt willen. Es liegt auf der Hand, dass die Herstellung künstlicher Gewaltmittel mit Bösartig- keit gepaart ist und allemAufbauenden höhnt, zumal erstmals in der uns bekannten Geschichte die Menschheit dazu fähig ist, sich auf der irdischen Ebene selbst zu vernichten. ImWiderspruch zu modernenTendenzen stellen wir im Zeit- alter der Kommunikation fest, dass die Individuen unterein- ander kaum noch Umgang pflegen. Die Mitglieder einer Fa- milie führen kaum noch persönliche Gespräche miteinander. Alle sind damit beschäftigt, Radio zu hören, Fernsehen und Video zu schauen oder im Internet zu surfen. Das Gleiche gilt generell für die Telekommunikation, die über die eigentliche Kommunikation hinauswächst. Sie drängt das Individuum in eine große Einsamkeit und verstärkt damit den Individualis- mus, von dem wir bereits gesprochen haben. Man verstehe uns richtig: der Individualismus als natürliches Recht, auto- R C